Fachwörter der Ergotherapie erklärt – Was ist das COPM?
Das COPM ist DAS Befunderhebungsinstrument in der modernen, evidenzbasierten Ergotherapie – Praxis.
Die Abkürzung steht für „Canadian Occupational Performance Measure“.
Es handelt sich dabei um ein validiertes Verfahren, aufbauend auf dem ergotherapeutischen Modell CMOP. Es wird von Ergotherapeuten genutzt, um Probleme der Betätigungsperformanz herauszufinden. (Mit diesem Begriff beschreiben Ergotherapeuten die Ausführung von Alltagstätigkeiten.)
Der 1. Schritt – problematische Betätigungen herausfinden
Das Messverfahren ist als halb-strukturiertes Interview aufgebaut. Das bedeutet, dass der Therapeut groben Anhaltspunkten folgt, zu denen er Informationen zusammenträgt. Es gibt aber keine fertig ausformulierten Fragen.
Idealerweise wird ein ungezwungenes und lockeres Gespräch geführt, bei dem der Klient vor allem selbst erzählt und sich dabei wohl fühlt. Ein starres Frage-Antwort-Konzept sollte vermieden werden.
Inhalt des Gesprächs sind alle Dinge, die den Klienten in seinem Alltag bewegen oder ihm mehr oder weniger Probleme bereiten. Der Therapeut erhält dabei einen guten Überblick, was für den Klient eine Priorität darstellt.
Es ist sinnvoll, wenn der Klient bei der Durchführung gedanklich seinen Tagesablauf Revue passieren lässt. Alles, was der Therapeut während der Erzählung des Klienten an Information erhält, wird in die drei Bereiche Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit eingeordnet. Wenn auffällt, dass der Klient zu einem bestimmten Unterpunkt noch nicht viel berichtet hat, wird der Therapeut nachfragen. Falls der Klient stark abschweift, ist es Aufgabe des Therapeuten, den Fokus wieder auf eine der drei Unterkategorien zu lenken.
Als gutes Hilfsmittel haben sich formlose Notizen des Therapeuten erwiesen, mit denen das gesamte Spektrum der Erzählung wiedergegeben wird – also sowohl die Schwierigkeiten als auch alles, was gut funktioniert.
Der 2. Schritt – Einstufung der Wichtigkeit.
Worauf während der nachfolgenden Therapie-Intervention eingegangen werden soll, findet man im nächsten Schritt heraus.
Man lässt den Klienten die Wichtigkeit seiner geschilderten Betätigungsanliegen einordnen. Mit dem COPM geschieht das intuitiv mit einer Skala von 1 bis 10. Man lässt den Klienten die für ihn wichtigste Betätigung auswählen und dafür auf der Skala in einen Punktwert einordnen. Die anderen Betätigungen werden Schritt für Schritt an die erste Einordnung angepasst.
Hierbei ist wichtig, dass der Therapeut sich in diesem Punkt relativ zurückhält. Der Klient sollte vermittelt bekommen, dass er das so einschätzen kann, wie er es selbst für richtig hält.
Die Einstufung ist sehr bedeutungsvoll, um anschließend gemeinsam mit dem Klienten einen „Fahrplan“ für die nun folgenden Therapie-Einheiten zu erstellen.
In manchen Fällen kann es sein, dass dem Klient eine bestimmte Betätigung sehr wichtig ist, es aber aus therapeutischer Sicht sinnvoll wäre, erst ein anderes Problem zu behandeln. (Ein Beispiel: Der Klient möchte wieder eigenständig Auto fahren, seine Gehfähigkeit ist aber kaum vorhanden. Um sein Auto zu führen, muss er aber die Wohnung verlassen und ins Auto einsteigen können.). In solchen Fällen sollte mit dem Klient einfühlsam gesprochen werden und eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden.
Mit diesem Vorgehen trägt der Therapeut nicht mehr die alleinige Verantwortung für die Therapieinhalte. Denn in dem Moment, da er mit seinem Klient ins Gespräch kommt, findet eine gemeinsame Entscheidungsfindung statt und die Verantwortung für die Therapieinhalte liegt bei Therapeut UND Klient zu gleichen Teilen.
Der 3. Schritt – Einordnung der Performanz und Zufriedenheit
Durch Schritt 2 haben sich einige Betätigungsanliegen als mehr oder weniger wichtig erwiesen. Die ersten fünf wichtigsten Punkte trägt der Therapeut in absteigender Reihenfolge in die dafür vorgesehenen Zeilen auf dem COPM-Bogen ein. Dieses Vorgehen stellt eine erste Filterfunktion dar. Die aufgeschriebenen Anliegen sind aber noch keine Therapie-Ziele, sondern Performanzprobleme.
In letzten Teilschritt lässt der Therapeut seinen Klienten die fünf Betätigungen einschätzen – wieder auf einer Skala von 1 – 10. Dabei lässt er ihn zuerst seine Betätigungsperformanz (seine Durchführung) und dann seine Zufriedenheit damit einschätzen. Der Therapeut fragt zuerst „Wie gut können Sie diese Betätigung zurzeit ausführen?“ und anschließend stellt er die Frage: „Wie zufrieden Sind Sie damit, wie sie die Aktivität zurzeit ausführen können?“
Es kann durchaus sein, dass der Klient mit einer Betätigung sehr zufrieden ist, die er subjektiv gar nicht so gut ausführen kann – oder umgekehrt.
Dieser Schritt ist sehr wichtig und darf nicht weggelassen werden. Mit Fingerspitzengefühl fordert der Therapeut hier eine Einschätzung der eigenen Schwächen ein. Gleichzeitig werden so die zentralen Punkte der nachfolgenden Behandlung festgelegt.
Schlussendlich kann der Therapeut dann auf dem COPM-Bogen noch die Durchschnittswerte der Performanz bzw. Zufriedenheit ausrechnen, damit bei einer erneuten Erhebung die Werte miteinander vergleichbar werden.
Im COPM geht es um den ALLTAG des Klienten – dabei ist erstmal nur wichtig, ob er selbst gut zurechtkommt und ob er persönlich (und ggf. das Umfeld) zufrieden ist. Es geht auf keinen Fall darum, ob der Therapeut die jeweilige Betätigung gut oder schlecht bzw. richtig oder falsch findet. Es ist der Start der Therapie. Von Therapeutenseite her ist es sehr wichtig, eine neutrale Haltung auszustrahlen. Die fachliche Expertise des Therapeuten kommt erst im Laufe der anschließenden Behandlungen zum Ausdruck. Die Erfahrung belegt, dass durch dieses Instrument die aktive Mitarbeit des Klienten eingefordert wird und er so den therapeutischen Prozess als erfolgreich erlebt.